
Was bisher geschah
Im Pariser Abkommen von 2015 (COP21) haben sich die an der Konferenz teilnehmenden Länder auf ein gemeinsames Ziel geeinigt: den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur deutlich unter 2 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten. Und „die Bemühungen fortzusetzen, den Temperaturanstieg noch weiter auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen“. Das untere Ende dieses Bereichs, 1,5 °C, ist später unter Aktivisten zu einer Célèbre geworden. Es gibt jedoch gute Gründe für das untere Ende dieser Bandbreite: Viele Wissenschaftler sind sich einig, dass eine Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius die Wahrscheinlichkeit, die gefährlichsten und irreversiblen Auswirkungen des Klimawandels auszulösen, erheblich verringern würde. Aus den richtigen Gründen gab es nicht nur auf der COP- 27 Konferenz erheblichen Druck, ein solides Ergebnis zu erzielen. Es zeichnet sich ab: Dieses Klimaziel wird verfehlt werden.
„Fortschritte“ auf der COP 27
Die Klimakonferenz COP27 in Ägypten dürfte als der Moment in Erinnerung bleiben, in dem die Welt de facto aufgab, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen – das ehrgeizigste Ziel des Pariser Klimaabkommens von 2015 (COP21). Aus heutiger Sicht (unmittelbar nach CO27) scheint relativ klar: Das 1,5-Grad Klimaziel wird verfehlt. Am letzten Freitag, dem letzten geplanten Tag der Klimaverhandlungen in Sharm el-Sheikh, trafen sich die Leiter der nationalen Delegationen noch, um die Abschlussdokumente zu diskutieren und ob sie einen Verweis auf das 1,5-Grad-Temperaturziel enthalten sollten.
Viel Conversation, wenig Action
COP27 war als „Implementierungs-COP“angekündigt. Leider wurde wenig umgesetzt und noch weniger erreicht. Unserer Ansicht nach treiben weiterhin die fossile Brennstoffindustrie und erdölexportierende Länder wie Saudi-Arabien und Russland den “Klimazug” an. Die COP27 zeigt wieder einmal viel Verzögerung und Greenwashing. Einiges davon ist so abscheulich, dass es lustig wäre. Maybe… on somebody else’s planet:
Was uns die russische Delegation hier sagen will, scheint uns: Es ist ok, Nachbarländer anzugreifen. Es ist ok, Energie als Waffe einsetzen, indem man Energielieferungen an andere Länder kürzt und im Winter gezielt Energie-Infrastruktur bombardiert. Aber natürlich „darf man die Energiesituation nicht verschlechtern“. Lassen wir also das ganze Gerede über fossile Brennstoffe aus der CO27-Erklärung heraus. Na klar. Macht Sinn…
„Loss and damage fund„
Die Verhandlungsführer erzielten jedoch einen allgemeinen Kompromiss über einen „Loss and Damage Fund“. Und das stellte eine bedeutende Veränderung dar, insbesondere für die führenden Politiker in den USA und Westeuropa, die lange befürchtet haben, dass solche Zahlungen die Nation angesichts ihres historischen Beitrags zu Emissionen für riesige Summen haftbar machen könnten. Die COP 27 hat jedoch die umstrittensten Entscheidungen zum Fonds auf den Weg gebracht, wo ein „Übergangsausschuss“ Empfehlungen für den COP 28-Klimagipfel im November 2023 abgeben wird.
Das 1,5 Grad Klimaziel wird verfehlt – Und nun?
Angesichts der „Fortschritte“ der Teilnehmer der COP 27 ist das 1,5-Grad-Ziel unserer bescheidenen Meinung nach sehr unwahrscheinlich. Das COP21 Klimaziel wird verfehlt werden. Und das bedeutet… erstmal nur, dass wir uns mehr anstrengungen müssen. Denn:
- Das 1,5-Grad-Ziel war schon immer extrem ambitioniert
- Es ist einfach durch das fehlende Committment in COP27 nochmal in weitere Ferne gerückt. Denn die Maßnahmen, die zu seiner Umsetzung erforderlich wären, erscheinen uns politisch extrem kaum durchsetzbar
- Das 1,5-Grad-Ziel war aber noch nie eine „Pass/Fail“-Situation. Ziel muss sein, den Temperaturanstieg auch über das 1,5-Grad-Ziel hinaus so gering wie möglich zu halten. Und zu versuchen, durch Maßnahmen wie Wiederaufforstung und neue Technologien in relevantem Umfang Co2 aus der Atmosphäre zu entfernen, um das 1,5-Grad-Ziel auch nach 2050 durch „Carbon Removals“ doch noch zu erreichen
1,5-Grad-Ziel extrem ambitioniert
Das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels war schon immer ein sehr ambitioniertes Ziel. Und es wurde zunehmend unrealistisch. Ein Emissionspfad mit einer 50:50-Chance, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, war zu Zeiten von Paris vielleicht noch glaubwürdig. Sieben dazwischenliegende Jahre mit steigenden Emissionen bedeuten, dass solche Pfade jetzt einfach unrealistisch sind. Viele Experten teilen diese Einschätzung hinter vorgehaltener Hand schon lange. Nur sehr wenige sagen es öffentlich oder offiziell. Denn das 1,5-Grad-Ziel ist nach wie vor der Goldstandard des Klimaschutzes, ebenso wie das Mantra „Net-Zero bis 2050“. Diese wurden unter anderem durch einen vom Zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderungen veröffentlichten Bericht untermauert. In diesem wurde verglichen, was die Welt bei 1,5 °C erwarten könnte, und wie 2 °C aussehen würden.
Selbst wenn die Temperaturen nur um ein halbes Grad anstiegen, wären Auswirkungen und Risiken in vielen Bereichen noch viel schlimmer. In einer 2°C-Welt wären etwa 400 Millionen Menschen mehr der Rekordhitze ausgesetzt. Millionen mehr Menschen ihree Existenzgrundlage von höheren Meeresspiegeln beraubt. Trotz allem ist der 1,5-Grad-Wert nach wie vor ein inspirierendes und ehrgeiziges Ziel. Es ist einfach nicht mehr realistisch.
COP27 macht 1,5-Grad-Ziel noch unwahrscheinlicher
Das CO21 Klimaziel wird verfehlt. Und selbst wenn das 1,5-Grad-Ziel theoretisch noch erreichbar wäre, wären die drastischen Emissionsminderungen, die zur Erreichung des Ziels notwendig wären, in der verbleibenden Zeit nur äußerst schwer umzusetzen. Angesichts des Prozesses und der Ergebnisse der COP27 ist das unseres Erachtens nicht realistisch. Um beispielsweise 1,5 Grad zu erreichen, wären erhebliche wirtschaftliche Anreize für Unternehmen erforderlich, um schnell in Dekarbonisierungsbemühungen zu investieren. Obwohl wir dies in einigen Teilen sehen können, einschließlich der USA, sind die meisten Länder nicht bereit, Änderungen in so grundlegenden Bereichen wie der Nahrung, die wir essen, und der Art und Weise, wie wir uns bewegen, vorzunehmen. Eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um etwa die Hälfte in den nächsten acht Jahren und auf null bis 2050 ist – unserer bescheidenen Meinung nach – äußerst unwahrscheinlich.
Wir sollten uns deshalb noch mehr anstrengen
Das CO21 Klimaziel wird verfehlt. Ändert das irgendwas? Sollten wir unsere Anstrengungen zur Bekämpfung des Klimawandels einstellen, weil wir den Kampf um die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad verlieren werden? Offensichtlich nicht. Wir müssen unsere Anstrengungen zur Bekämpfung des Klimawandels verstärken! Das 1,5-Grad-Ziel war noch nie eine Pass/Fail-Situation. Je geringer der Temperaturanstieg über das 1,5-Grad-Ziel hinausgeht, desto weniger katastrophal sind die Folgen. Laut einem UN-Bericht, der kurz vor der COP27 veröffentlicht wurde, bringen die aktuellen Zusagen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen den Planeten auf einen Pfad zu einer Erwärmung zwischen 2,1 und 2,9 Grad.
Absolut nicht akzeptabel. Dies würde zu katastrophalen Klimaauswirkungen führen, darunter tödliche Hitzewellen, sich verschlimmernde Dürren und Wasserknappheit, Ernteausfälle und die Verschlechterung von Ökosystemen, die viele Arten auslöschen und eine große Anzahl von Menschen töten könnten. Und dem müssen wir vorbeugen, indem wir immer mehr vom Gleichen und schneller machen – nicht obwohl, sondern weil wir das 1,5-Grad-Ziel wahrscheinlich verfehlen werden.
Carbon Removals als möglicher Hebel, das 1,5-Grad-Ziel später zu erreichen
Last, but not least: Wir können – vorausgesetzt, wir haben skalierbare Technologie – die 1,5-Grad-Ziele noch erreichen – erst später, also nach 2050, indem wir die überschüssigen Treibhausgase entfernen. Zwei alternative Wege in RichtungNet-zero im Jahr 2050 sind unten dargestellt.
Wir glauben jedoch fest an das alte Cliché, dass „Hoffnung keine Strategie ist“. Wir sollten uns also nicht auf irgendeine Zukunftstechnologie verlassen, die in nicht allzu ferner Zukunft Treibhausgase kostenlos/zu geringen Kosten aus der Luft entfernen wird. Aber tun Sie jetzt alles, um unsere Emissionen zu minimieren!