
Verzögerungen bei Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive in deutsches Recht
Die Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive in nationales Recht war in vielen EU-Mitgliedsstaaten von Verzögerungen im Gesetzgebungsverfahren geprägt. Auch der deutsche Gesetzgeber hat zu lange gebraucht, um die EU-Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie (CSRD) umzusetzen. Neben einem bereits eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren der EU droht nun aber auch eine mögliche rückwirkende Anwendung des Gesetzes.
Bruch der Regierungskoalition im November 2024
Angesichts des Verlusts der Regierungsmehrheit im Bundestag scheint es unwahrscheinlich, dass die erforderlichen Lesungen und die Verabschiedung des Umsetzungsgesetzes – und damit die Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive in deutsches Recht – noch vor der letzten Sitzung des Bundesrats am 20.12.2024 stattfinden können. Auch die erforderlichen Mehrheiten sind alles andere als sicher. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass die CSRD erst 2025 in das HGB integriert wird. Dies hat Konsequenzen für die Berichterstattung in 2024 und den kommenden Jahren, denn eigentlich sollte das Gesetz bereits 2024 in Kraft treten.
Auswirkungen auf Unternehmen, die bereits zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet sind
Sollte das Gesetzgebungsverfahren erst 2025 abgeschlossen werden, stellt sich die Frage, ob es trotzdem bereits in 2024 (zeitlich) Anwendung finden kann – insb. vor dem Hintergrund des sog. “Rückwirkungsverbots”. Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat die möglichen Folgen einer verzögerten Umsetzung der CSRD untersucht, insbesondere die Frage, ob ein Gesetz, das in 2025 verabschiedet wird, rückwirkend für 2024 Pflichten für die berichtspflichtigen Unternehmen schaffen kann. Zu diesem Thema veröffentlichte das IDW am 14.11.2024 ein Schreiben, das u.a. ein juristisches Gutachten zu den Zweifelsfragen enthält. Zur Frage der rückwirkenden Anwendung des Gesetzes ist die Antwort des IDW klar: Eine neue Pflicht für das Jahr 2024 kann nicht erst 2025 eingeführt werden.
Unternehmen mit einem Kalenderjahr-Geschäftsjahr müssen ihre Rechnungslegung für das Jahr 2024 also nach der derzeit gültigen Rechtslage erstellen. Das bedeutet, dass Unternehmen, die bereits zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet sind, auch 2024 einen nichtfinanziellen Bericht nach den aktuell geltenden §§ 289b ff. HGB bzw. §§ 315b ff. HGB im Konzern vorlegen müssen. Große Kreditinstitute und kapitalmarktorientierte Unternehmen mit über 500 Mitarbeitern müssen also für 2024 eine nichtfinanzielle Erklärung abgeben, wie es die Non-Financial Reporting Directive (NFRD) vorschreibt. Im Gegensatz zur CSRD ist die Berichterstattung jedoch nicht extern prüfungspflichtig, eine freiwillige Prüfung ist jedoch möglich.
Anwendung der ESRS
Sollte die Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive nicht bis zum 31.12.2024 abgeschlossen sein, sind Unternehmen nicht verpflichtet, die bereits veröffentlichten ESRS für die Berichterstattung 2024 zu verwenden. Das IDW hält dies für zulässig, da die ESRS noch nicht im HGB verankert sind. Trotzdem können die ESRS natürlich als Rahmenwerk verwendet werden, da die §§ 289d und 315d HGB die Anwendung von Standards ausdrücklich erlauben. Eine teilweise Anwendung der ESRS ist ebenfalls zulässig, solange die angewendeten Standards klar in der nichtfinanziellen Berichterstattung bezeichnet werden. Das macht für die meisten Unternehmen u.E. relativ viel Sinn.
Pflichten zur EU-Taxonomie-Berichterstattung
Unabhängig von der weiteren Entwicklung der nichtfinanziellen Berichterstattung bleibt die Verpflichtung zur EU-Taxonomie-Berichterstattung gemäß Artikel 8 der EU-Taxonomie-Verordnung bestehen.
Auswirkungen auf die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts
Da die neue Prüfungspflicht für den Nachhaltigkeitsbericht noch nicht in das HGB aufgenommen wurde, bleiben die bisherigen Regelungen bestehen. Demnach prüft der Aufsichtsrat, ob die nichtfinanzielle Erklärung oder der Bericht vorgelegt wurde. Eine inhaltliche Prüfung kann durch einen Wirtschaftsprüfer ergänzt werden.
Folgen der Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive erst in 2025 für Unternehmen, die ab 2025 zur Berichterstattung verpflichtet sind
Für Unternehmen, die ab 2025 zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet sind, ändert sich durch eine verspätete Gesetzesverabschiedung grundsätzlich wenig. Die Unternehmen müssen die neuen Regelungen einhalten, auch wenn noch Unsicherheiten bestehen. Es fehlt allerdings an Vorbildern für die Berichterstattung, da der Nachhaltigkeitsbericht für diese Unternehmen erstmals im Jahr 2025 erstellt werden muss. Es ist aber denkbar, dass der Gesetzgeber von Unternehmen mit abweichendem Geschäftsjahr eine Berichterstattung für den Zeitraum 2024/2025 fordert, was zu wenigen und verspäteten „Vorbildern“ führen würde.